Spaltenschildkröte, Malacochersus tornieri, frisst Hibscusblüte – © Hans-Jürgen Bidmon

Malonza - 2023 - 01

Malonza, P. K., D. K. Korir, J. O. Nyamache & S. N. Kyalo (2023): Learning from the Wild: Status of the Introduced Pancake Tortoise Malacochersus tornieri Population in Tsavo East National Park, Kenya. – Chelonian Conservation and Biology 22(1): 30-38.

Von der Wildnis lernen: Der Status einer ausgewilderten Spaltenschildkrötenpopulation (Malachochersus tornieri-Population) im Tsavo-Ost Nationalpark, Kenia.

DOI: 10.2744/CCB-1555.1 ➚

Spaltenschildkröte, Malacochersus tornieri, – © Hans-Jürgen Bidmon
Spaltenschildkröte,
Malacochersus tornieri,
frisst Hibiscusblüte
© Hans-Jürgen Bidmon

Im April 2001 wurden 187 illegal gesammelte und anschließend beschlagnahmte Spaltenschildkröten (Malacochersus tornieri) in den Mzinga und Irima Steinhügeln im südlichen Teil des Tsavo-Ost Nationalparks ausgesetzt. Es handelt sich dabei um eine Region, in der wildlebende Populationen nicht vorhanden waren. Das Ziel dieser Studie war es nun, den Status dieser eingeführten Population zu überprüfen, um die Lektionen, die man davon lernen kann, als Richtlinie für zukünftige Wiederansiedlungen zu etablieren. Vor der Auswilderung wurden die Exemplare mit nummerierten Carapaxeinkerbungen entlang der Marginalschilde anhand eines Kodesystems markiert. Im Juni 2022 besuchten wir die Ansiedlungslokalität vom April 2001 um die Population zu erfassen und um einige der Individuen zu fangen oder um neue Jungtiere ausfindig zu machen. Nach diesen vergangenen 21 Jahren konnten wir nur noch 15 Individuen ausfindig machen, wovon es sich bei 10 um Wiederfänge handelte. Insgesamt repräsentieren diese Individuen 5,3 % der damals ausgewilderten Gesamtpopulation. Von diesen 10 Wiederfängen zeigten nur noch zwei Individuen deutliche Markierungen und konnten deshalb einer spezifischen Nummer zugeordnet werden und es zeigte sich, dass es sich schon damals um adulte Exemplare gehandelt hatte. Die 8 Wiederfänge ohne Markierung hatten abgenutzte Carapaxe mit einheitlich brauner Färbung oder es gab noch verblasste dunkle Muster. Es wurde angenommen, dass es sich dabei um Individuen handelte, die seinerzeit mit einer Carapaxlänge von maximal bis 130 mm ausgewildert worden waren und dass bei ihnen die Marginalschildeinkerbungen durch Zuwachs und Abnutzung verschwunden waren. Unter Verwendung einer Kombination aus Carapaxlänge, Carapaxfarbmuster und dem Fehlen von Einkerbungen konnten wir für 5 Individuen belegen, dass sie nach der ursprünglichen Auswilderung geboren sein mussten, womit sie eine neue Kohorte darstellen. In Gefangenschaft erfolgt das Carapaxwachstum bei Spaltenschildkröten sehr schnell und die Exemplare erreichen die Geschlechtsreife bei etwa 150 mm Länge in ungefähr 6 Jahren, wonach kein signifikanter Carapaxzuwachs mehr erfolgt. Diese schnellen Wachstumsraten sind in der Wildnis nicht möglich, da die Tiere lange inaktive Perioden während der Trockenzeit überdauern müssen. Somit nehmen wir an, dass das Wachstum in Gefangenschaft doppelt oder gar dreifach so schnell abläuft wie in der Wildnis. Deshalb sollte es unter Verwendung der vorort gesammelten Daten zu den neuen und auch wiedergefundenen Schildkröten in Bezug auf deren Größe und Farbmuster möglich sein, deren Alter im Vergleich zu Tieren in Gefangenschaft abzuschätzen. Diese Studie zeigt, dass es mit zunehmendem Carapax Wachstum und Alter zu Veränderungen beim Färbungsmuster des Carapax kommt und zwar bis zu der Zeit zu der das Carapaxfarbmuster verblasst was einhergeht mit der Zeit zu der kaum noch nachweisbarer Carapaxlängenzuwachs stattfindet. In dieser Studie konnten wir nur eine sehr geringe Anzahl an ursprünglich angesiedelten Individuen auffinden. Dies könnte darauf beruhen, dass es sich bei der Mehrheit der Schildkröten um adulte, geschlechtsreife Tiere gehandelt hatte (82,9 % geschlechtsreife Adulti, 130 mm) die damals wohl 15-20 Jahre alt waren und die in den vergangenen 21 Jahren nachdem sie ihre ungefähre Lebenszeit von 25 Jahren überschritten hatten verstorben waren. Andere mögen noch, bevor sie sich vermehren konnten Fressfeinden zum Opfer gefallen sein. Was aber trotz der geringen Anzahl wiedergefundener neuer Individuen klar sein sollte ist die Feststellung, dass die Wiederansiedlung von beschlagnahmten Landschildkröten eine gute Initiative darstellt um geschwächte oder ausgerottete wilde Populationen aufzustocken. Zuletzt sei darauf verwiesen, dass es gute überlebensfähige Zuchtpopulationen in Gefangenschaft gibt und der internationale Heimtierhandel sollte sich darauf beschränken solche aus Gefangenschaftszuchten stammende Exemplare zu vermarkten, um die wildlebenden Populationen zu schützen um damit auch den lokalen Tourismus zu bereichern.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine interessante Arbeit mit Bildern, die allerdings zeigt wie langsam solche Besiedlungs- oder Neuansiedlungsversuche sich entwickeln, denn es kam sicher nicht von ungefähr warum dieser Ansiedlungsort vor der Ansiedlung keine eigenständige Spaltenschildkrötenpopulation hatte. Vielleicht weil die Anzahl der Mikrohabitate oder die Nahrung nicht in genügender Menge für eine größere Population zur Verfügung standen. Ich denke, wenn sich diese angesiedelten Individuen normal vermehrt hätten, hätte man eine größere Population erwarten können, denn die Befunde zeigen ja, dass sie vor Ort überleben können. Anscheinend aber nur in geringer Individuenzahl, was eigentlich andeutet, dass es für mehr Individuen nicht genug Mikrohabitate zu geben scheint. Sicher wird man in solch schwierigen Gelände auch nicht alle Individuen gefunden haben, aber dennoch muss man davon ausgehen, dass diese Lokalitäten eine höhere Individuendichte nicht unterstützen würden. Hier würde sich aber jetzt nach 21 Jahren die Möglichkeit ergeben, solche Fragen aufzuklären, indem man die demographische Entwicklung systematisch weiter verfolgt.

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