Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon

Ahasan - 2018 - 01

Ahasan, M. S., T. B. Waltzek, R. Huerlimann & E. Ariel (2018): Comparative analysis of gut bacterial communities of green turtles (Chelonia mydas) pre-hospitalization and post-rehabilitation by high-throughput sequencing of bacterial 16S rRNA gene. – Microbiological Research 207: 91-99.

Eine vergleichende Analyse der Gemeinschaft der Darmbakterien bei Suppenschildkröten (Chelonia mydas) vor der Hospitalisierung und nach der Rehabilitation mittels der Hochdurchsatzsequenzierung der bakteriellen 16S-rRNS-Gene.

DOI: 10.1016/j.micres.2017.11.010 ➚

Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon
Grüne Meeresschildkröte,
Chelonia mydas,
© Hans-Jürgen Bidmon

Gestrandete Suppenschildkröten (Chelonia mydas) werden häufig in so genannten Rehabilitationszentren gesundgepflegt. Obwohl die spezifischen Erreger als Ursache für deren Erkrankung schwer zu diagnostizieren sind wissen wir, dass die Darmflora für Suppenschildkröten eine wichtige Rolle für deren Gesundheit wie auch für eine Vielzahl ihrer Erkrankungen spielt. Das Ziel dieser Studie war es die Darmbakterien zu charakterisieren und die Bakterien die zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Krankenstation (PH, pre-hospitalization) vorhanden sind mit jenen zu vergleichen die nach ihrer Genesung (PR, post hospitalization) von gestrandeten Suppenschildkröten gefunden werden können. Dazu nutzten wir die Hochdurchsatzsequenzanalyse für die V1-V3-Regionen der bakteriellen 16S-rRNS-Gene. Insgesamt wurden acht Kloakenabstrichproben von vier Suppenschildkröten während der Rehabilitaion untersucht. Proteobakterien dominierten sowohl bei den PH- wie auch bei den PR–Proben ohne dass es auffällige Unterschiede gab. Firmicute Bakterien waren die zweithäufigsten gefolgt von den Bacteroidetes in den PH–Proben während die Bacteroidetes in den PR-Proben höhere Mengen erreichten als die Firmicutes. Die Prädominanz der Gattung Bacteroides sowohl bei den PH- wie auch bei den PR–Proben verweist auf deren wichtige Bedeutung für die Darmgesundheit dieser Schildkröten. Auf der taxonomischen Stufe der Klasse war die Menge der Epsilonproteobakterien signifikant (P<0.05) assoziiert mit den PH–Proben während die Klasse der Deltaproteobakterien in den PR–Proben (P<0.05) überwog. Die signifikant höhere Häufigkeit von Campylobacter fetus, Escherichia coli, Clostridium botulinum und Vibrio parahaemolyticus in den PH–Proben zeigt deren Assoziation mit der Erkrankung bei den gestrandeten Suppenschildkröten und verweist gleichzeitig ihr Potential einer Zoonose. Das ausschließliche Vorkommen von Salmonella enterica in den PR–Proben lässt vermuten, dass diese Bakterien während des Aufenthalts in der Rehabilitationsstation aufgenommen wurden. Bei dieser Studie zeigten nach der Rehabilitation alle Suppenschildkröten die gleiche Bakteriengemeinschaft und zwar unabhängig von der die bei PH–Proben vorhanden waren. Die markanten Unterschiede in der Zusammensetzung der Darmbakteriengemeinschaft zwischen den PH–Schildkröten und den PR–Schildkröten legt nahe dass ihre PR–Zusammensetzung das Ergebnis des Ernährungsmanagements und des Umgebungswechsels während der Rehabilitation sind. Deshalb könnte es wichtig sein einen Prozess einzuleiten, der dazu führt ihre natürliche Darmflora vor der Auswilderung in ihr Ursprungshabitat wiederherzustellen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine Untersuchung die durchaus einen wichtigen Gesundheitsparameter für das Management von Erhaltungspopulationen im generellen adressiert (siehe auch Dove, 2012) und der zunehmend auch für die veterinärmedizinische Diagnostik an Bedeutung gewinnen wird wenn man solche Untersuchungen mit denen und deren Bedeutung für die Humanmedizin mal in Bezug setzt (siehe De Weert, 2017; Koch & Mueller, 2018; Woojun, 2018). Allerdings um ihr im letzten Satz des Abstracts angedeutetes Ziel zu erreichen müssten sie wohl erst einmal bei völlig gesunden frisch im natürlichen Habitat gefangen Suppenschildkröten deren natürliche Darmflora analysieren. Die Ergebnisse dieser Rehabilitationsstation deuten aber jetzt schon an, dass sich die Darmflora den umgestellten Umweltbedingungen anpassen kann und zwar nicht im negativen Sinn sondern durchaus positiv, denn die Tiere sind ja trotz der Umstellung genesen. Insofern kann man wohl wie beim Menschen davon ausgehen, dass sich Lebensraum und ernährungsspezifische Bakteriengemeinschaften einstellen dürften die sich später auch wieder umstellen können wenn die Tiere ausgewildert wurden. Was aber dennoch bedenklich bleibt ist zum Beispiel die während des Aufenthalts in solchen Krankenstationen aufgenommen pathogenen Bakterien wie hier die Salmonellen. Ebenso denke ich sollte man prüfen wie es in solchen Einrichtungen bezüglich der Verbreitung von Antibiotika-resistenten Erregern steht (siehe Rawski et al. (2016). Warum ich diese Arbeit hier aber ausgewählt habe ist die Tatsache, dass diese Methode eben nicht nur bei Meeresschildkröten anzuwenden ist sondern, dass sie sehr leicht auch für andere Arten durchführbar ist und zumindest zum diagnostischen Repertoire in Zoos und Erhaltungsnachzuchtstationen zur Überwachung und Gesunderhaltung eingesetzt werden kann. Siehe auch Yuan et al., (2015).

Literatur

De Weerth, C. (2017): Do bacteria shape our development? Crosstalk between intestinal microbiota and HPA axis. – Neuroscience & Biobehavioral Reviews 83: 458-471; DOI: 10.1016/j.neubiorev.2017.09.016 ➚.

Dove, A. D. M. (2012): Metabolomics Has Great Potential for Clinical and Nutritional Care and Research with Exotic Animals. – Zoo Biology 32(3): 246-250 oder Abstract-Archiv.

Koch, C. & S. Mueller (2018): Personalized microbiome dynamics – Cytometric fingerprints for routine diagnostics. – Molecular Aspects of Medicine 59: 123-134; DOI: 10.1016/j.mam.2017.06.005 ➚.

Rawski, M., B. Kieronczyk, J. Dlugosz, S. Swiatkiewicz & D. Jozefiak (2016): Dietary Probiotics Affect Gastrointestinal Micro­biota, Histological Structure and Shell Mineralization in Turtles. – PLoS One 11(2): e0147859 oder Abstract-Archiv.

Woojun, P. (2018): Gut microbiomes and their metabolites shape human and animal health. – Journal of Microbiology 56: 151-153; DOI: 10.1007/s12275-018-0577-8 ➚.

Yuan M. L., S. H. Dean, A. V. Longo, B. B. Rothermel, T. D. Tuberville & K. R. Zamudio (2015): Kinship, inbreeding, and fine-scale spatial structure influence gut microbiota in a hindgut-fermenting tortoise. – Molecular Ecology 24(10): 2521-2536 oder Abstract-Archiv.

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