Landkarten-Höckerschildkröte, Graptemys geographica,– © Grégory Bulté

Baker - 2010 - 01

Baker, P. J., J. B. Iverson, R. E. Lee, Jr. & J. P. Costanzo (2010): Winter severity and phenology of spring emergence from the nest in freshwater turtles. – Naturwissenschaften 97(7): 607-615.

Die Strenge des Winters und die Phänologie des Nestverlassens bei Wasserschildkröten.

DOI: 10.1007/s00114-010-0675-x ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Obwohl viele Arten von Wasserschildkröten kurz nach dem Schlupf ins Wasser gehen, so gibt es auch einige Nachkommen von Arten, die an Land überwintern und die erst im folgenden Frühjahr die aquatischen Lebensräume aufsuchen. Der Zeitpunkt der Wanderung zum Wasser kann sehr entscheidend für die Fitness sein, allerdings sind die Faktoren, die das Verlassen des Nests und diesen Ortswechsel induzieren, nur unzureichend verstanden. Wir testeten bei drei Schildkrötenarten aus den zentralen USA, ob Kältestress während der Überwinterung einen Einfluss auf den Zeitpunkt des Nestverlassens hat. In jedem Jahr dieser über sechs Jahre dauernden Untersuchung zeigte sich Chrysemys picta im späten März und Anfang April, und im Durchschnitt verließen diese Schlüpflinge ihr Nest zwei Wochen früher als die Schlüpflinge von Graptemys geographica und vier Wochen früher als jene von Trachemys scripta. Das Verlassen der Nester von Schlüpflingen der gleichen Art aus unterschiedlichen Nestern erfolgte über 3-7 Wochen, aber in einigen Jahren dauerte es auch einige Wochen mehr. Nur wenige Nester enthielten Schlüpflingsgeschwister, die am selben Tag das Nest verließen (z.B. synchron); meist dauerte es 1-2 Wochen, bis alle Schlupfgeschwister ihr Nest verlassen hatten. Im Winter gab es regelmäßig in allen Nestern aller drei Arten Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts, obwohl C. picta in ihren flachen Nestern den niedrigsten Temperaturen ausgesetzt waren. Allerdings gab es für keine Art eine Korrelation zwischen dem Datum des Nestverlassens und der Tiefe der erfahrenen Nesttemperaturen, sowohl wenn man individuelle Nester betrachtete, als auch bei Betrachtung verschiedener Nester. Letzteres traf auch auf die Periode des Schlupfs zu. Trotz der tiefsten Überwinterungstemperaturen tauchten die Schlüpflinge von C. picta aus den Nestern vor jenen der andern sympatrisch vorkommenden Arten auf. Unter der Annahme, dass bei nördlichen Arten die Fitnessvorteile eines frühen Schlupfs dazu beitragen, auf Kälteresistenz zu selektionieren könnte es zu dieser Kälteadaptation kommen.

Chrysemys picta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Zierschildkröte, Chrysemys picta,
© Hans-Jürgen-Bidmon

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Schildkrötenschlüpflinge scheinen nur selten ein synchrones Verlassen des Nests zu zeigen. Insofern scheinen sie im Vergleich zu andern Arten in anderen Lebensräumen hier eine andere Strategie zur Beutegreifervermeidung zu zeigen. Denn synchrone zeitlich aufeinander abgestimmte Wanderungen zum Wasser sorgen auch dafür, dass sich Beutegreifer auf diese Ereignisse einstellen können und da 5-10 Schlüpflinge keinen einen Beutegreifer verwirrenden Schwarm darstellen, scheint hier das vereinzelte Abwandern über einen relativ langen Zeitraum dafür zu sorgen, eine Ansammlung von Beutegreifern zu vermeiden.

 

 

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