Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, wird mit einem Apfel aus der Unterkunft gelockt – © Hans-Jürgen Bidmon

Blake - 2012 - 01

Blake S, C. B. Yackulic, F. Cabrera, W. Tapia, J. P. Gibbs, F. Kümmeth & M. Wikelski (2012): Vegetation dynamics drive segregation by body size in Galapagos tortoises migrating across altitudinal gradients. – Journal of Animal Ecology 82(2): 310-321.

Vegetationsdynamiken treiben bei Galapagos-Riesenschildkröten während ihrer Wanderung die Aufteilung nach Körpergröße entlang der Höhengradienten voran.

DOI: 10.1111/1365-2656.12020 ➚

Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, – © Hans-Jürgen Bidmon
Galapagos-Riesenschildkröte,
Chelonoidis nigra,
wird mit einem Apfel
aus der Unterkunft gelockt
© Hans-Jürgen Bidmon

Saisonale Wanderungen evolvierten in vielen Taxa als eine Anpassung an eine vorhersagbare räumliche und zeitlich begrenzte Veränderung in der Umwelt. Individuelle Bedürfnisse, Physiologie und soziale Interaktionen interagieren dabei mit Umweltfaktoren und führen zur Komplexität der Migrationssysteme. Trotz vieler Untersuchungen bleiben die ultimativen Gründe für Wanderungen oft unbekannt. Ein relativ einfach zu überwachendes System – Riesenschildkröten auf der Insel Santa Cruz, Galapagos – wurde hier untersucht, um herauszufinden welche Rollen dabei Umweltveränderungen und die individuellen Bedürfnisse der Tiere in diesem partiellen Migrationssystem spielen. Spezifisch fragten wir: (i) ob Galapagos-Riesenschildkröten saisonale Langstreckenwanderungen durchführen (ii) ob sie ursächlich durch Nahrungsgradienten in Abhängigkeit zur Nahrungsqualität oder der Temperatur angetrieben sind und (iii) wie sich sich das Geschlecht und die Körpergröße auf das Migrationsmuster auswirken. Wir zeichneten die täglichen Bewegungen und Lokalitäten von 17 mit GPS-Systemen bestückten Schildkröten auf und wir wanderten monatlich entlang eines Höhengradienten, um die Wanderungen und die Verteilung der Tiere nach Geschlecht und Körpergröße in der Landschaft zu charakterisieren. Monatliche Temperaturen und Regendaten wurden von Wetterstationen abgelesen, die auf unterschiedlichen Höhen platziert worden waren, und wir benutzten einen „Normalisierten Vegetationsunterschiedsindex“ zur Abschätzung der Vegetationsqualität. Analysen unter Anwendung des „Net Displacement“ oder anhand der täglichen Wanderungscharakteristika zeigten, dass es nicht möglich war, die Individuen als eindeutig wandernd oder nicht wandernd zu bezeichnen, allerdings deuteten beide Methoden an, dass einzelne Individuen tatsächlich wanderten. Adulte Schildkröten bei der Geschlechter bewegten sich auf und ab entlang eines Höhengradienten als Reaktion auf Wechsel in den Vegetationsdynamiken, aber nicht aufgrund von Temperaturveränderungen. Die größten GPS-markierten Individuen wanderten alle, aber nur wenige der mittelgroßen Tiere wanderten, und die kleinsten verließen nie das Tiefland. Die Zeit der Wanderungen variierten mit der Körpergröße, wobei die großen Schildkröten nach oben wanderten (wenn im Tiefland die Vegetation zurückging), und das taten sie früher im Jahr als die mittelgroßen Tiere. Im Gegensatz dazu erfolgte die Rückwanderung ins Tiefland größenunabhängig und sie erfolgte zum Zeitpunkt wenn im Tiefland die Vegetationsproduktivität am höchsten war. Riesenschildkröten sind keine Tiere, die durch die Ernährungssituation bedingte Migrationen durchführen und sie puffern durch ihre Größe und den langsamen Metabolismus die umweltbedingten Veränderungen gut ab. Bei den größten und vermutlich dominantesten Tieren lag die Wahrscheinlichkeit, dass sie wanderten am höchsten. Diese Bewegungscharakteristik und das Fehlen von Geschlechtsunterschieden im Wanderverhalten unterscheiden Galapagos-Riesenschildkröten von anderen bekannten partiellen Migrationssystemen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie zeigt zwar, dass Galapagos-Riesenschildkröten auf Santa Cruz keine ausgeprägten Wanderungen im Jahreszyklus aufweisen. Allerdings stellt sich mir die Frage, warum man nicht bei den Weibchen ein spezielles Aufsuchen von Nistplätzen beobachtet hat, denn es ist bekannt, dass sie gezielt bestimmte Plätze zur Eiablage nutzen und da ja gerade für die größten dominanten Individuen Wanderungen festgestellt wurden, sollte man sich fragen, ob hier Wanderungen mit dem Ziel der Eiablage assoziiert sind. Selbst wenn man keine Geschlechtsunterschiede findet, könnte das bedeuten, dass manche Männchen den ablegenden Weibchen folgen, um sie nach der Ablage erneut zu umwerben. Ich denke hier war mit Ausnahme der wenigen GPS überwachten Tiere das Raster einer nur monatlich durchgeführten Aufenthaltsortbestimmung zu grob, um z. B. reproduktionsassoziierte Wanderungen geschlechtsreifer Weibchen zu erfassen.

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