Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Brian Folt

Halstead - 2007 - 01

Halstead, B. J., E. D. Mccoy, T. A. Stilson & H. R. Mushinsky (2007): Alternative foraging tactics of juvenile gopher tortoises (Gopherus polyphemus) examined using correlated random walk models. – Herpetologica 63(4): 472-481.

Alternative Taktiken zum Nahrungserwerb junger Gopher Schildkröten (Gopherus polyphemus) erforscht unter Nutzung von „correlated random walk“ Modellen

DOI: 10.1655/0018-0831(2007)63[472:AFTOJG]2.0.CO;2 ➚

Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Tracey D. Tuberville
Georgia-Gopherschildkröte,
Gopherus polyphemus,
© Tracey D. Tuberville

Die meisten Tiere suchen ihre Nahrung unter dem Risiko bejagt zu werden und einem Prädator zum Opfer zu fallen. Ein Tier muss deshalb die Vorteile, eine adäquate Ernährung zu erhalten, gegen das Risiko gefressen zu werden, abwägen, indem es alternative und angepasste Bewegungstaktiken entwickelt. Wir untersuchten die Bewegungstaktik, die von Gopherus polyphemus, einer Spezies mit einem zentralen Ausgangspunkt, bei ihrer Entfernung vom Unterschlupf angewendet wird. Wir beobachteten die Wege junger G. polyphemus und analysierten diese unter der Nutzung von „correlated random walk Modellen“ (Statistisches Verfahren zur Analyse von in Beziehung stehender zufälliger Bewegungen). Außerdem verglichen wir die Windungen der Wege, die die Tiere bei der Futtersuche machten, mit jenen, die sich aus einer optimalen (sprich kalkuliertem direktem Weg zum Futter) Futtersuche bei zentralem Ausgangspunkt ergeben würde. Die beobachteten Unterschiede zwischen dem gewählten Weg vom Unterschlupf zum Futter und dem Rückweg zum Unterschlupf waren größer als erwartet, aber die Wege (Hinweg/Rückweg) konnten nach den „correlated random walk Modellen“ nicht statistisch unterschieden werden. Die Windungen, die die Tiere einlegten, waren geringer als sie für eine optimale Futtersuche von einem Tier mit zentralem Ausgangspunkt erwartet würden. Jugendliche Schildkröten bewegten sich geradlinig vom Bau weg. Juvenile Landschildkröten können die Sicherheit, nahe am Bau zu bleiben, aufgeben, um sich bis zur Sättigung fortzubewegen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun dieses zugegeben etwas kompliziert formulierte Abstract zeigt zwei Dinge, die etliche kennen, die junge Schildkröten beobachtet haben, und die man seit es Digitalkameras mit der Möglichkeit zum filmen gibt, auch gut dokumentieren kann. Die Schildkröten laufen zwar nie ganz geradlinig von ihrem Versteck aus los, aber sie bewegen sich so gut wie nie in einer Spirale um ihr Versteck herum. Dieser spiralförmige Weg wäre aber unter den Bedingungen, möglichst nahe am Versteck zu bleiben und trotzdem eine möglichst große/lange Wegstrecke nach Futter abzusuchen, der kalkulierte oder vorhersagbare Idealweg, der rein rechnerisch beidem – nämlich dem Sicherheitsbedürfnis (kurzer Fluchtweg) und einer hohen Chance Futter zu finden – gerecht werden würde. Nun gibt es aber zwei Faktoren, die dem widersprechen könnten. Zum ersten eine tierpsychologische Fragestellung: Verlassen sich Schildkröten mehr auf ihren Panzer oder mehr auf ihr Versteck? Zum zweiten – und das ist wohl die entscheidende: Wie oft kann eine Schildkröte in unmittelbarer Nähe zum Unterschlupf genug Futter finden, wenn sie täglich die Pflanzen abfrisst? Muss sie sich nicht zwangsläufig immer weiter weg bewegen? Auch Pflanzen haben zum Teil Schutzmechanismen und erhöhen zum Beispiel ihren Tanningehalt nach der ersten Beweidung, um sich etwas ungenießbarer zu machen, so dass auch das dazu führen kann, dass – obwohl es sich um die gleiche Pflanzenart handelt – jene, die nahe am Versteck steht und schon oft angeknabbert wurde, nicht mehr so optimal ist wie jene, die weiter weg stehen. Als drittes könnte man auch annehmen, dass der weitere Weg auch Chancen zum Finden besserer Unterschlüpfe beinhaltet, und wir wissen bereits, dass Gopherschildkröten meist mehr als eine Höhle bewohnen. Gerade bei solchen Studien frage ich mich manchmal, ob sich der Aufwand lohnt, wenn man nicht vorher die ökologischen und biologischen Daten zur Planung mit heranzieht. Denn abstrakte Computermodelle und statistische Verfahren können zwangsläufig nur sinnvolle Daten liefern, wenn man sie so anwendet, dass die vielfältigen Möglichkeiten, die einen Einfluss auf das wirklich zu Beobachtende haben, entsprechend mit berücksichtigt und programmiert werden. Hier zeigen doch die Ergebnisse deutlich, dass die Beziehung lange Wegstrecke (möglichst viel Futter) und kurzer Fluchtweg zum Versteck (möglichst hoher Schutz) in correlated random walk Modellen viel zu kurz greift, um das tatsächliche Verhalten der Tiere zu verstehen. Diesbezüglich gibt es sogar noch viel mehr Parameter oder miteinander in Beziehung stehende Faktoren als hier erörtert werden könnten. Siehe auch: Mushinsky (2003); Pike (2006).

Literatur

Mushinsky, H. R., T. A. Stilson & E. D. McCoy (2003): Diet and dietary preference of juvenile gopher tortoise (Gopherus polyphemus). – Herpetologica 59(4): 475-483 oder Abstract-Archiv.

Pike, D. A. (2006): Movement patterns, habitat use, and growth of hatchling tortoises, Gopherus polyphemus. – Copeia 2006(1): 68-76 oder Abstract-Archiv.

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