Glattrand-Weichschildkröten, Apalone mutica, – © Michael V. Plummer

Mullins - 2006 - 01

Mullins, M. A. & F. J. Janzen (2006): Phenotypic effects of thermal means and variances on smooth softshell turtle (Apalone mutica) embryos and hatchlings. – Herpetologica 62(1): 27-36.

Phänotypische Effekte der Durchschnittstemperatur und deren Schwankungsbreite bei Embryos und Schlüpflingen von Weichschildkröten (Apalone mutica).

DOI: 10.1655/04-02.1 ➚

Glattrand-Weichschildkröte, Apalone mutica, – © Michael V. Plummer
Glattrand-Weichschildkröte,
Apalone mutica,
© Michael V. Plummer

Die Temperatur ist ein wesentlicher Faktor bei der Entwicklung oviparer Organismen. Unter natürlichen Bedingungen unterliegen die Eier vieler Spezies den Temperaturschwankungen der Umgebung, aber in den meisten Laborstudien wurden die Eier bei konstanten Temperaturen inkubiert. Um nun die Auswirkungen auf den Phänotyp von verschiedenen Durchschnittstemperaturen und deren Schwankungsbreite zu analysieren und diese Einflüsse von mütterlichen Effekten zu trennen, untersuchten wir Eier von 10 Gelegen der Weichschildkröte (Apalone mutica), wobei die Eier auf sechs Temperaturbedingungen gleich verteilt wurden, welche die natürlichen Bedingungen wiederspiegelten. Pro Gelege wurden je 2 Eier bei einer Durchschnittstemperatur von 28,5 °C oder 32,5 °C inkubiert. Für beide Gruppen gab es dann je zwei entsprechende, bei denen die Temperaturen zwischen ± 2 °C oder 4 °C schwankten. Zusätzlich zu den Entwicklungsparametern des Embryos (Veränderung der Eimasse (Gewicht), Schlupferfolg und Inkubationsdauer), untersuchten wir bei Schlüpflingen die Körpergröße die Schwimmfähigkeiten und die Umdrehreaktion (aus Rückenlage). Die Interaktionen zwischen der Durchschnittstemperatur und deren Schwankungen zeigten signifikante Effekte auf alle acht getesteten Parameter, was andeutet das allein die Temperaturschwankungen den Phänotyp der Embryonen unabhängig von der erreichten Durchschnittstemperatur beeinflussen. Gelegeherkunft (also mütterlicher Einfluss, z.B. Eigröße) hatte ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf fast alle getesteten Parameter. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Einfluss der Herkunft (Muttertiere) sehr deutlich ist und dass die Temperatureffekte während der Embryonalentwicklung sehr komplex und vielfältig sind und weitere Untersuchungen erfordern.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine sehr gut geplante und durchgeführte Arbeit, wobei auch eine Art gewählt wurde, die keine temperaturabhängige Geschlechtsbestimmung hat, um Unterschiede die allein auf einem Geschlechtsunterschied der Schlüpflinge beruhen, von jenen der Temperatur auszuschließen. Als meines Erachtens wichtigste Ergebnisse lassen sich festhalten, dass die beobachteten Temperatureffekte die maternalen Vorgaben nicht übertreffen und dass sich die Effekte, die durch die Temperaturschwankung hervorgerufen werden für unterschiedliche Durchschnittstemperaturen unterschiedlich bis gegensätzlich auswirken. Das heißt, wenn man bei 32,5 °C ± 2 oder 4 °C inkubiert, passiert etwas anderes, als wenn man bei 28,5 °C ± 2 oder 4 °C inkubiert, wobei keine lineare Beziehung zwischen den Ereignissen besteht. Lediglich ein Faktor scheint innerhalb gewisser Grenzen linear zu sein, denn mit zunehmender Durchschnittstemperatur verkürzt sich die Inkubationszeit und die Schlüpflinge schlüpfen etwas leichter, wahrscheinlich weil der Dotter schon vollständiger verstoffwechselt ist.

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