Strahlenschildkröte, Astrochelys radiata, ein Männchen frisst Blätter des Spindelstrauchs oder Pfaffenhütchens, Euonymus europaeus, – © Hans-Jürgen Bidmon

Rasmona - 2013 - 01

Rasmona, R. V. J., Raselimanana, A. P., Ratovonamana, Y. R. & J. U. Ganzhorn (2013): Habitat Use and Diet of Astrochelys radiata in the Subarid Zone of Southern Madagascar. – Chelonian Conservation and Biology 12(1): 56-69.

Die Habitatnutzung und Nahrung von Astrochelys radiata in der subariden Zone des südlichen Madagaskars.

DOI: 10.2744/CCB-0909.1 ➚

Strahlenschildkröte, Astrochelys radiata, – © Hans-Jürgen Bidmon
Strahlenschildkröte,
Astrochelys radiata,
© Hans-Jürgen Bidmon

Astrochelys radiata ist eine der gefährdeten Landschildkrötenarten Madagaskars. Wir untersuchten deren genutzte Lebensraumgröße (Home Range), den Gebrauch von Unterschlupfen und deren Nahrung im Tsimanampetsotsa Nationalpark. Das Ziel der Studie war es geeignete Habitate und chemische Nahrungsbestandteile zu identifizieren. Diese Daten könnten nämlich die Grundlage zur Evaluierung geeigneter Habitate unter veränderten Umweltbedingungen darstellen wie sie durch die Umweltzerstörung oder durch den Klimawandel bedingt sein könnten. Die Studie wurde unter dem Einsatz des Radiotrackings in zwei unterschiedlichen Vegetationstypen, nämlich dem Laub abwerfenden Trockenwald auf Sandboden und dem Dornbusch auf Kalkstein zwischen November 2007 und Oktober 2008 durchgeführt. Die genutzte monatliche Home Range die nach der Kernel-Methode kalkuliert worden war betrug 2.3 Hektar im Küstenwald und 1.4 Hektar auf dem Kalksteinmassiv. Anhand der Minimum-Konvex-Polygon Berechnung lagen die Größen jeweils bei 1.0 und 0,5 Hektar. Diese monatlichen Home Range Größen variierten nicht signifikant zwischen den Geschlechtern aber waren immer im Küstenwald größer als auf Kalkstein. A. radiata wählte hauptsächlich Unterschlupfe die sich unter Bäumen mit dickem Stammdurchmesser (≥ 15 cm DBH) und niedriger Höhe innerhalb ihres jeweiligen Habitats befanden. Die gefressenen und die nicht gefressenen Pflanzenteile wurden gesammelt und im Hinblick auf primäre und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe hin untersucht. A. radiata konsumierte ein breites Spektrum an Pflanzen. Die Nahrung bestand zu 91 % aus Blättern, zu 5 % aus Blüten und zu 4 % aus Früchten von insgesamt 109 Pflanzenspezies. Während der Trockenzeit war für A. radiata der wichtigste Auswahlfaktor für die Nahrung deren hoher Energiegehalt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit liefert eine gute Übersicht über die Habitatnutzung und die von der Strahlenschildkröte genutzten Pflanzenarten. Letztere sind in einen tabellarischen Anhang gelistet. Da die Futterpflanzen anhand der beobachteten Futteraufnahme gesammelt wurde gibt es keine wirklich quantitativen Daten, aber es lässt sich unschwer erkennen, dass auch Strahlenschildkröten ähnlich zu den anderen Arten verhalten, denn da die Autoren auflisteten zu welcher Zeit (Regen-/Trockenzeit) welche Pflanzen gefressen werden wird deutlich, dass auch A. radiata während der Trockenzeit keine Gräser (Poaceae) frisst. Da verhält sie sich ähnlich der Gopherschildkröten die auch darauf verzichten, da sie zuviel Kalium enthalten (siehe Diskussion und Literatur bei Bidmon, 2009). Im Gegenzug werden relativ viele Fabaceae ganzjährig gefressen ebenso wie die eigentlich für Madagaskar unnatürlichen (weil eingeschleppt) Opuntien (siehe auch El Mouden et al., 2006). Hier deutet sich aber eine praktische, wenn auch artifizielle Möglichkeit an Schildkröten die in Habitaten leben die von zunehmender Austrocknung in Folge des Klimawandels leiden zu helfen. Denn wenn sie mit Opuntien oder auch anderen Kakteen als Nahrungsquelle gut zu recht kommen könnte man durchaus darüber nachdenken solche als Managementmaßnahme kontrolliert anzusiedeln. Auffällig ist auch, dass Strahlenschildkröten ihre Nahrung nachdem Energiegehalt auswählen etwas das dem was Pemberton & Gilchrist (2009) beschrieben haben sehr ähnelt. Allerdings sollte auch hier nicht vergessen werden, dass auch die sporadische Aufnahme anderer Kost hervorgehoben werden, dass die Autoren für A. radiata klar auf eine Aestivationsphase mit zunehmender Inaktivität verweisen in der auch die Unterschlupfe meist genutzt werden. Man sollte also nicht davon ausgehen, dass die sporadische Aufnahme energiereichen Futters während der Trockenzeit in Wachstum gesteckt wird, denn das könnte höchsten dort der Fall sein wo die Schildkröten sich ganzjährig ausschließlich von Opuntien ernähren würden, weil die auch genug Wasser zur Aufrechterhaltung der intrinsischen Ionenkonzentration ermöglichen würde. Siehe auch Kommentare zu Hazard et al. (2009), Lapid et al. (2005), Bondarenko & Dujsebayeva (2012) und Gramanzini et al. (2013).

Literatur

Bidmon, H.-J. (2009): Ernährungsgrundlagen und Darmpassagezeiten bei herbivoren Landschildkröten – oder wie selektierende Nahrungsgeneralisten auch unter extremen Bedingungen überleben: Eine Übersicht. – Schildkröten im Fokus 6(1): 3-26 ➚.

Bondarenko, D. A. & Т. N. Dujsebayeva (2012): [Central Asian Turtle, Agrionemys horsfieldii (Gray, 1844), in Kazakhstan (Its Distribution, Habitat Division, and Population Density)]. – СОВРЕМЕННАЯ ГЕРПЕТОЛОГИЯ. 12(1/2): С 3-26.

El Mouden, E. H., T. Slimani, K. B. Kaddour, F. Lagarde, A. Ouhammou & X. Bonnet (2006): Testudo graeca graeca feeding ecology in an arid and overgrazed zone in Morocco. – Journal of Arid Environments 64(3): 422-435 oder Abstract-Archiv.

Gramanzini, M., N. Di Girolamo, S. Gargiulo, A. Greco, N. Cocchia, M. Delogu, I. Rosapane, R. Liuzzi, P. Selleri & A. Brunetti (2013): Assessment of dual-energy x-ray absorptiometry for use in evaluating the effects of dietary and environmental management on Hermann’s tortoises (Testudo hermanni). – American Journal of Veterinary Research 74(6): 918-924 oder Abstract-Archiv.

Hazard, L. C., D. R. Shemanski & K. A. Nagy (2009): Nutritional Quality of Natural Foods of juvenile Desert Tortoises (Gopherus agassizii): Energy, Nitrogen, and Fiber Digestibility. – Journal of Herpetology 43(1): 38-48 oder Abstract-Archiv.

Lapid, R. H., I. Nir, & B. Robinzon (2005): Growth and body composition in captive Testudo graeca terrestris fed with a high-energy diet. – Applied Herpetology 2(2): 201-209 oder Abstract-Archiv.

Pemberton, J. W. & J. S. Gilchrist (2009): Foraging behavior and diet preferences of a released population of giant tortoises in the Seychelles. – Chelonian Conservation and Biology 8(1): 57-65 oder Abstract-Archiv.

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