Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon

Weber - 2020 - 01

Weber, C., Y. Zhou, G. W. Lee, L. L. Looger, G. Qian, C. Ge & B. Capel (2020): Temperature-dependent sex determination is mediated by pSTAT3 repression of Kdm6b. – Science 368(6488): 303-306.

Die Temperaturabhängige-Geschlechtsentwicklung wird durch pSTAT3-Repression von Kdm6b moduliert.

DOI: 10.1126/science.aaz4165 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Bei vielen Reptilien einschließlich der Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripts elegans (T. scripta) wird das Geschlecht durch die Umgebungstemperatur während der Embryogenese bestimmt. Wir zeigten vor Kurzem, dass der epigenetische Regulator Kdm6b bei Männchen produzierenden Temperaturen erhöht ist und dass er essentiell dafür ist den männlichen Entwicklungsweg zu aktivieren. In dieser Arbeit etablieren wir den kausalen (ursächlichen) Zusammenhang zwischen der Temperatur und Transkriptionsregulation für Kdm6b. Wir zeigen, dass der Signalüberträger und Aktivator für die Transkription 3 (STAT3) bei wärmeren Weibchen-produzierenden Temperaturen phosphoryliert wird wodurch er sich an den Ort an dem Kdm6b einwirkt bindet und damit die Kdm6b-Transcription unterdrückt, wodurch der Entwicklungsablauf der zum Männchen führt blockiert wird. Bei Weibchen-produzierenden Temperaturen kommt es zu einem erhöhten Ca2+-Einstrom in den Embryo, wobei Calzium als Mediator zur Phosphorylierung von STAT3 führt und somit als temperatursensitiver Regulator die STAT3-Aktivierung auslöst.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Ein sehr schönes Beispiel dafür wie Genexpression gesteuert über epigenetische Prozesse unter der regulierenden Einflussnahme von Temperatur und Elementen in diesem Fall Calcium und Phosphor dazu beitragen das Geschlecht und damit auch den Phänotyp eines Lebewesens, wenn sie so wollen, zu programmieren. Dieser Weg ergibt sogar bei rein stoffwechselphysiologischer Betrachtung Sinn, denn bei höheren Temperaturen steigt der Stoffwechsel an, die Herzschlagrate erhöht sich und über die Zunahme der Blutflussgeschwindigkeit kann auch über die der Eischale innen sehr dicht anliegenden Amnionmembran mehr von diesen Ionen (Elementen) aus der Eischale pro Zeiteinheit in den Embryo aufgenommen werden. Aber trotz dieser Erkenntnis sind noch längst nicht alle natürlichen Mechanismen zur Geschlechtsausprägung damit aufgeklärt, denn was in der realen Natur abläuft unterliegt auch anderen Einflüssen, wie zum Beispiel einer individuellen mütterlichen Einflussnahme (Carter et al., 2019). Siehe dazu auch die Kommentare zu Ge et al., (2018) und Hazard et al., (2010) sowie auch Bidmon (2017).

Literatur

Bidmon, H.-J. (2017): Sind phylogenetische Stammbäume nur ein Traum? – Schildkröten im Fokus 14(1): 14-27 ➚.

Carter, A. L., B. L. Bodensteiner, J. B. Iverson, C. L. Milne-Zelman, T. S. Mitchell, J. M. Refsnider, D. A. Warner & F. J. Janzen (2019): Breadth of the thermal response captures individual and geographic variation in temperature‐dependent sex determination. – Functional Ecology 33(10): 1928-1939 oder Abstract-Archiv.

Ge, C., J. Ye, C. Weber, W. Sun, H. Zhang, Y. Zhou, C. Cai, G. Qian & B. Capel (2018): The histone demethylase KDM6B regulates temperature-dependent sex determination in a turtle species. – Science 360(6389): 645-648 oder Abstract-Archiv.

Hazard, L. C., D. R. Shemanski & K. A. Nagy (2010): Nutritional Quality of Natural Foods of Juvenile and Adult Desert Tortoises (Gopherus agassizii): Calcium, Phosphorus, and Magnesium Digestibility. – Journal of Herpetology 44(1): 135-147 oder Abstract-Archiv.

Galerien